Tarik – Klar denken, besser verstehen

Shownotes

Shenpen Rinpoche, der als Hauslehrer im Tibethaus tätig ist, erklärt in dieser Podcast-Folge, dass Tarig uns hilft, Dinge kritisch zu hinterfragen und logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Es geht dabei nicht nur um buddhistische Themen – diese Denkweise kann in allen Lebensbereichen angewendet werden.

Die spannende Sache am Tarig Studienprogramm im Tibethaus ist, dass man keine besonderen Voraussetzungen braucht, um damit anzufangen. Im Kurs werden nämlich zu Beginn die wichtigsten Grundlagen vermittelt. Es ist allerdings wichtig, dass man wirklich motiviert ist und bereit, sich längerfristig mit dem Thema auseinanderzusetzen. Der Nutzen zeigt sich oft erst mit der Zeit – aber dann in vielen Bereichen des Lebens.

Im praktischen Alltag hilft Tarig dabei, Informationen aus Medien, Werbung oder anderen Quellen nicht einfach hinzunehmen, sondern kritisch zu prüfen. Man lernt, präziser mit Worten umzugehen und entwickelt ein besseres Verständnis dafür, wie valide bestimmte Aussagen oder Schlussfolgerungen wirklich sind. Besonders spannend ist auch die Tradition des Debattierens, bei der man lernt, Standpunkte zu verteidigen oder zu hinterfragen - eine Fähigkeit, die in unserer heutigen Zeit besonders wertvoll ist.

Wer Interesse hat: Einfach eine Mail an info@tibethaus.com schreiben oder auf der Homepage vorbeischauen!

Tarig als eine Technik, die uns hilft:

  • Logisches und kritisches Denken zu entwickeln
  • Argumente systematisch zu analysieren
  • Aussagen nicht blind zu akzeptieren, sondern zu hinterfragen
  • Komplexe Zusammenhänge besser zu verstehen

Die Methode ist praktisch für:

  • Das Verstehen buddhistischer Texte
  • Alltägliche Entscheidungen
  • Kritisches Hinterfragen von Werbeaussagen
  • Den Umgang mit den tagtäglichen Medieninformationen

Transkript anzeigen

00:00:00: CHRISTIAN: Ja, hallo und herzlich willkommen zu unserer ersten Folge vom Tibethaus Podcast – Tashi Delek, der Podcast von Tibethaus Deutschland. Ich bin Christian Stocker und ich bin auch ein bisschen aufgeregt, denn es ist wie gesagt, heute unser erstes Mal und ich freue mich sehr, dass wir heute sogar zwei Gäste haben werden. Carsten, vielleicht kannst du auch mal Hallo sagen.

00:00:01: CARSTEN: Ja, Hallo, hier ist der Carsten Müller. Ich bin euer zweiter Moderator heute. Ich freue mich sehr, hier zu sein.

00:00:02: CHRISTIAN: Wir haben, wie ich schon vorhin gesagt habe, gleich zwei Gäste heute. Und warum, wird sich auch gleich erklären. Nämlich zum einen haben wir heute Shenpen Rinpoche hier bei uns im Studio.

00:00:03: SHENPEN RINPOCHE: Hallo.

00:00:04: CHRISTIAN: Und auch Holger Götz (Anm.: der Übersetzter.)

00:00:05: HOLGER: Hallo.

00:00:06: CHRISTIAN: Und wir wollen heute über ein Thema sprechen, was im ersten Moment vielleicht so ein bisschen sperrig wirkt, aber vielleicht doch sehr relevant sein kann auch für uns heute. Ich übergebe jetzt mal an dich, Carsten. Bitte erzähl doch mal, wer ist denn heute unser Gast? Was hat es mit ihm auf sich?

00:00:07: CARSTEN: Danke, Christian, Shenpen Rinpoche ist seit vielen Jahren unser Hauslehrer im Tibethaus in Frankfurt. Wir freuen uns sehr, dass wir ihn bei uns haben. Er wurde 1975 in Tibet geboren, ist mit 12 Jahren in Tibet im Kloster ordiniert worden und dann mit 17 Jahren nach Indien geflüchtet. Dort hat er in einem Kloster in Südindien 17 Jahre Buddhismus studiert und hat mit dem höchsten Abschluss als Geshe Larampa abgeschlossen.

00:00:08: CHRISTIAN: Rinpoche, du hast ja sehr viel gelernt in diesem Studium. Du hast diesen Abschluss gemacht. Und ein Thema, eine Sache, die du da gelernt hast, war Tarik. Und ich würde gerne von dir wie war das denn für dich, Tarik zu lernen? Und was ist überhaupt Tarik?

00:00:09: HOLGER (übersetzt): Als ich Tarik studiert habe, habe ich keine besondere Erinnerung daran. Aber als ich dann fertig war mit dem Studium von Tarik, habe ich die Vorteile davon bemerkt. So war es beim Debattieren vor dem Studium des Tarik teilweise schwieriger und nach dem Studium des Tarik ist es mir sehr viel einfacher gefallen zu debattieren. Vor dem Studium des Tarik haben wir Dytra, also die gesammelten Werke studiert. Und nachdem wir mit diesen gesammelten Werken und mit dem Debattieren, also die Debattentechnik, fertig waren, war das sehr vorteilhaft. Fürs Debattieren war das Studium des Tarik hilfreich, um ein logisches Denken und ein kritisches Denken zu entwickeln. Und die genauere Bedeutung, was er mit kritischem Denken oder logischem Denken meint, kommen wir später noch einmal drauf zurück. Und zur Erklärung des Wortes Tarik ist das Ta bezeichnet Zeichen oder Begründung. Und aufgrund einer Begründung kommt man zu einer Erkenntnis, und zwar also nicht im Sinne von, dass man irgendwas sehen kann sondern durch logisches Nachdenken und logisches Schlussfolgernn kommt man zu einer schlussfolgernnden Erkenntnis und zu einem Wissenszugewinn. Also in den Sutren steht z.B., dass von Rauch von Feuer kommt. Und aufgrund der Tatsache, dass man in der Ferne Rauch sieht, kann man darauf schließen, dass dort Feuer existiert. Und ein weiteres Beispiel ist, wenn man in der Ferne viele Vögel, die am Wasser leben, sieht, dass man daraus schließen kann, dass in der Nähe dann auch Wasser ist.

00:00:10: Wenn man Tarik studiert, dann lernt man, man lernt das logische Argument oder logische Denken. Man lernt das Objekt oder das Subjekt, über das debattiert wird, ob es etwas eine Charakteristik hat oder diese Charakteristik eben nicht hat, klar zu unterscheiden aufgrund von logischer Begründung. Man lernt die Methodik, um dem Subjekt charakteristischen zuzuschreiben oder eben nicht. Diese Denkweise erlernt man, um dann kritisch zu hinterfragen, ob es so ist oder ob es eben nicht so ist.

00:00:11: Und das man dann aber auch klar und zu 100% weiß, dass es so sein muss oder eben nicht. Und wenn man einmal diese Methodik erlangt hat, sich schlussfolgern und die Dinge richtig zu erschließen, dann hat das für jegliche Form des Studiums, in welchem Bereich auch immer man dann beginnt, sich weiterzubilden oder zu studieren, eröffnet sich ein viel größeres kritisches Denken. Oder man hat die Möglichkeit, das, was gelernt wird, viel weitgehender aufzunehmen oder zu untersuchen. Die Fähigkeit der Analyse wird um einiges vergrößert.

00:00:12: CHRISTIAN: Was ist eigentlich das Ziel dieses Tarik Studienprogrammes? Das wird ja im Tibethaus angeboten.

00:00:13: HOLGER: Die Absicht des Tibethauses mit dem Angebot des Tarik Studienprogramms ist, es den Leuten, die generell zum Tibethaus kommen, einfacher zu machen, den Buddhismus zu studieren, da sie durch dieses Studienprogramm für sie einfacher wird, sich mit den Texten zu beschäftigen und diese einfacher verstehen können, wenn sie diese Methodik des kritischen Hinterfragens einmal gelernt haben.

00:00:14: CARSTEN: Ich denke, dass unsere Zuhörer einen guten Eindruck darüber bekommen haben, was Tarik bedeutet. Die Definition wurde erklärt und was bestimmt interessant ist, weil es wird ja ein Studienprogramm im Tibethaus geben zum Thema Tarik. Was lernen denn die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wenn sie hier in der westlichen Welt im Tibethaus an dem Tarik Studienprogramm teilnehmen?

00:00:15: HOLGER: Wenn man Tarik studiert, dann lernt man das logische Argumentieren oder logische Denken. Also man lernt das Objekt oder das Subjekt, über das debattiert wird, ob es etwas eine Charakteristik hat oder diese Charakteristik eben nicht hat, klar zu unterscheiden. Aufgrund von logischer Begründung. Man lernt die Methodik, um dem Subjekt charakteristischen zuzuschreiben oder eben nicht. Klar, diese Denkweise erlernt man, um dann kritisch zu kritisch zu hinterfragen, ob es so ist oder ob es eben nicht.

00:00:16: Und wenn man einmal diese Methodik erlangt hat, sich Schlussfolgern und die Dinge richtig zu erschließen, dann hat das für jegliche Form des Studiums, in welchem Bereich auch immer man dann beginnt, sich weiterzubilden oder zu studieren, eröffnet sich ein viel größeres kritisches Denken. Oder man hat die Möglichkeit, das, was gelernt wird, viel weitgehender aufzunehmen oder zu untersuchen. Die Fähigkeit der Analyse wird um einiges vergrößert. Und wenn man dann diese Methodik des kritischen Denkens oder logischen Schlussfolgerns erlernt hat,

00:00:17: und dann eine andere Person einem irgendetwas sagt, dann wird man automatisch dies direkt überprüfen und gucken, ob das der Wahrheit überhaupt entsprechen kann, ob das logisch Sinn macht, ob das überhaupt möglich ist, dass es so ist und wird nie direkt Wahrheiten von jemand anders übernehmen, sondern immer diese erstmal kritisch selbst hinterfragen und versuchen zu analysieren. Und das ist der Vorteil von Tarik, dass wenn man diese Methodik einmal gelernt hat, dass man die dann in allen Bereichen anwendet. Und wenn ich mich als Beispiel nun nehme, und so war es in meinem Fall so, dass als ich die Sutren studiert habe, dass ich dann von alleine über die Dinge, die darin standen, angefangen habe nachzudenken, diese kritisch zu hinterfragen und sich so vieles von selbst erschlossen hat und sich mir der Text fiel, viel mehr Sinn ergeben hat und auch eine viel größere Tiefe erfahren hat, dadurch, dass ich jeden einzelnen Punkt kritisch hinterfragt habe und mir dadurch klar wurde, warum es so sein muss und nicht anders sein kann.

00:00:18: Und so ergibt es sich, dass wenn man über einen Sachverhalt tiefgründig nachdenkt, dass man Antworten auf ein großes Feld von Fragen erhält.

00:00:19: CHRISTIAN: Das klingt ja sehr interessant, gleichzeitig auch schon irgendwie komplex. Aber ich habe gemerkt, Rinpoche, dass es wirklich ein wichtiges Thema ist, denn du hast sehr lebhaft gestikuliert. Das können jetzt natürlich die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht sehen, aber ich konnte es sehen.

00:00:20: Ich frage mich, gibt es denn Voraussetzungen, also wenn ich jetzt mich anmelden wollte zu diesem Studienprogramm, gibt es denn dann Voraussetzungen, die ich erfüllen muss, damit ich da überhaupt teilnehmen kann?

00:00:21: HOLGER: Es gibt keine speziellen Voraussetzungen, um sich beim Tarik Programm am Tibethaus teilzunehmen, aber im normalen Kontext ist es so, dass man normalerweise, bevor man Tarik studiert, die Titra und Lorik studiert. Das sind die gesammelten Werke sowie die Grundlagen wie der Geist oder das im Buddhismus gesehen wird. Diese Voraussetzungen sind aber jetzt hier am Tibethaus nicht gegeben, weil wir am ersten Wochenende die Grundlagen, die für das Tarikstudium nötig sind, aus den gesammelten Werken und aus den unterschiedlichen Bewusstseinsarten wiederholen werden. Es ist jedoch wichtig, dass man ein Bedürfnis hat, es auch wirklich zu studieren.

00:00:22: Und ein gewisses Commitment mitbringt, um sich auch längerfristig dann mit dem Thema auseinanderzusetzen!

00:00:23: CARSTEN: Vielen Dank für die tiefe Erklärung. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist es eine Chance für Menschen, die hier leben, das logische Denken zu schulen, mit diesem logischen Denken zu hinterfragen. Und das kšnnen sie sowohl in Bezug auf buddhistische Themen nutzen, als auch in Bezug auf alle Themen, wo Logik eigentlich ein wichtiger Punkt ist, um sich eine Meinung zu bilden. Holger unsere Zuhörerinnen und Zuhörer haben ja schon gemerkt, dass du übersetzt, dass du fließend Tibetisch sprichst. Du wirst auch bei dem Tarik Programm für Shenpen Rinpoche übersetzen. Magst du vielleicht kurz was zu dir erzählen und insbesondere vielleicht, weil du ja auch Tarik studiert hast, wie für dich der Nutzen war?

00:00:24: HOLGER: Also für mich war es sehr ähnlich wie die Erfahrung von Rinpoche. Und zwar war das Debattieren dann viel einfacher im Sinne von davor und danach.

00:00:25: Also danach war schon das kritische Denken viel ausgeprägter und vor allem wird Einem viel klarer dadurch, dass jedes Wort eine Bedeutung und eine Definition hat. Dass man sehr viel spezifischer mit seinen Worten umgeht und sehr viel differenzierter seine Worte wählt, weil man merkt, dass man, dass es einfach einen Unterschied macht in der Wortwahl schon, ob das jetzt nun stimmt, was man sagt oder nicht stimmt.

00:00:26: Im Alltag habe ich am Anfang immer Sachen hinterfragt. Also z.B. sobald ich in Deutschland war und irgendeinen Krimi oder irgendwas angeschaut habe, da haben die alle für mich keinen Sinn mehr ergeben, weil dort Schlüsse gezogen wurden, die einfach nicht haltbar sind. So wird es so natürliches Vorgehen des Geistes, alles von alleine zu hinterfragen und zu warum ist das so? Und muss das wirklich zu 100% daraus folgen oder ist das nur meine Beobachtung, dass es zu häufig daraus etwas daraus folgt? Aber eigentlich kann ich mich nicht drauf hundertprozentig verlassen. Und so war das für mich auch sehr hilfreich und ist auch weiterhin für mein Leben eine Fertigkeit, die sehr hilfreich ist.

00:00:27: CHRISTIAN: Also, wenn man weiterhin Sonntagabend Krimi gucken möchte, dann ist es nicht so günstig, das Tarik Studienprogramm zu absolvieren, habe ich jetzt von dir gehört. Aber – Scherz beiseite – fällt dir vielleicht auch spontan noch ein anderes Beispiel ein, also so ein lebenspraktisches Beispiel aus 2024 oder 2025, wo du sagst, ja, also durch Tarik habe ich da auch noch mal anders drauf geguckt.

00:00:28: D: Also aus meiner Lebensrealität natürlich schon so, dass wenn ich buddhistische Texte lese, dass ich die dann einfacher verstehen kann, wenn ich mir selber dazu Gedanken mache, in dieser Form es zu hinterfragen. Und dafür ist es für mich sehr sinnvoll.

00:00:29: CHRISTIAN: Also, ich habe ja noch nicht Tarik studiert, aber ich könnte mir vorstellen, bei der Menge an Informationen, die wir tagtäglich bekommen bzw. die uns da angeboten werden, kann es sicher nicht schaden, wenn man auch, sagen wir mal, den Verstand und die Logik hinzuzieht und sich überlegt, kann das überhaupt sein oder ist es irgendwie schlüssig für mich oder habe ich da Fragen? Denn es ist ja auch nicht so wichtig, dass man immer gleich die Antwort weiß, sondern eher, dass man erst mal eine gute Frage hat. Ich denke, zumindest in meiner Vorstellung, kann das auch hilfreich sein, so im täglichen Leben.

00:00:30: HOLGER: Ja, durchaus, denke ich auch. Also je nach Medienkonsum ist es natürlich schon so, dass da einem schnell klar wird, dass da vieles nicht so sein kann. Also, jetzt aktuelles Beispiel, keine Ahnung, irgendein Anschlag ist und dass man dann direkt weiß, ob der Mensch geflüchteter ist. Und wie sein Aufenthaltsstadium ist und ob er polizeilich bekannt ist und so weiter. Dass man das 1 Stunde nach der Tat nicht weiß und es trotzdem in den Medien so verkauft wird, wie wenn es überall schon völlig klar wäre. Das ist einem dann schon direkt klar, aber das ist einem vielleicht auch ohne Tarikstudium schon bewusst. Naja gut, also ich denke schon, dass es helfen kann, da noch ein Stück weit aufgeklärter und bewusster auch im Leben zu sein und auch im Konsum dessen, was man so in den Medien sieht.

00:00:31: CHRISTIAN: Ja, das stimmt.

00:00:32: HOLGER: Oder auch Verpackungsdesign, keine Ahnung, wenn man einkaufen geht und irgendwelche Verpackungen sieht und da alles mögliche Zeug versprochen wird, wo man eigentlich auch, wenn man ein bisschen drüber nachdenkt merkt, dass es sicher nicht so ist.

00:00:33: CHRISTIAN: Deswegen steht ja auf der Verpackung immer unten ganz kleinen Serviervorschlag, da kann man sich dann immer rausreden: War ja nicht so gemeint! OK, ja, schön. Carsten, darf ich dir vielleicht noch mal das Wort geben?

00:00:34: CARSTEN: Ja, danke. Ich habe tatsächlich zwei Sachen, die mir gerade durch den Kopf gehen. Das eine ist, ich habe ja das Tarik Programm auch absolviert und was mir damals aufgefallen ist, wie gut es ist, die eigene Wahrnehmung unserer Sinnesorgane zu überprüfen, logisch zu überprüfen, ob denn das, was unsere Sinnesorgane uns an Eindrücken liefern, ob die wirklich alle logisch sind oder ob wir nicht aufgrund unserer Muster, unserer Erfahrungen auch andere Dinge wahrnehmen, die eben nicht richtig sind und wo man mit Logik auch dann versteht, dass wir da an Irrtum aufgesessen sind. Das wäre das eine. Das zweite, Holger, wir haben jetzt schon zweimal den Begriff debattieren gehört. Was bedeutet das eigentlich?

00:00:35: HOLGER: Also debattieren in diesem Fall heißt, dass es, wie das bei den Tibetern Tradition ist, dass eine Person auf dem Boden sitzt und seinen Standpunkt verteidigt. Und eine Person steht und versucht, den Standpunkt der sitzenden Person anzugreifen oder aufzuzeigen,

00:00:36: warum der Standpunkt der sitzenden Person so nicht haltbar ist. Also Widersprüche aufzeigen, die sich aus logischen Schlussfolgerungen und Konsequenzen aus dem Standpunkt erfolgen, die dann vielleicht nicht mit etwas anderem, was man aus der Realität kennt oder aus Erfahrung, haltbar dann sind und Widersprüche aufzeigen. Und das kann auch sehr hitzig dann werden, was aber durchaus auch gewollt ist und man aber danach trotzdem weiterhin das ist trotzdem sein Freund und so weiter. Also es wird sehr als hilfreich angesehen, wenn jemand anders seinen Standpunkt herausfordert, weil man selber mehr über seinen eigenen Standpunkt lernt und einem selber auch klarer wird, warum man diesen Standpunkt vertritt oder warum man denkt, dass etwas so ist, wie man denkt, dass es ist. Und im gleichen Sinn, wenn jemand anders einem natürlich aufzeigt, dass sein Standpunkt voll falsch war, dann ist es nicht "Ah ja, der andere hat recht und ist besser", sondern "Er hat mir geholfen zu sehen, dass mein Standpunkt einfach logisch nicht haltbar ist und es gar nicht so sein kann, wie ich dachte", das hat mich in meinem Leben einfach weitergebracht. Und es bringt einem aber auch eine gewisse Demut mit sich. Man muss sich eingestehen, dass ich was falsch gesehen habe und was Falsches als richtig angesehen habe. Und das war für mich beim Debattieren am Anfang nicht so einfach. Das hat mein Ego überhaupt nicht gewollt, falsch zu liegen. Und das sehr häufig.

00:00:37: CHRISTIAN: Ja, das kann ich mir vorstellen.

00:00:38: HOLGER: Ja, und das war auch so ein Aspekt, der dann noch sehr hilfreich dazu kam.

00:00:39: CHRISTIAN: Wollen wir doch gerade mal reinhören, wie es klingt, wenn Mönche debattieren. Hier im Hintergrund hört man jetzt die Geräusche zur Debatte und im Video, was Carsten aufgenommen hat im Kloster Sera, sieht man, wie Mönche zu zweit debattieren. Der eine sitzt, der andere steht und klatscht immer ab, wenn er sein Argument dem anderen gewissermaßen zuwirft.

00:00:40: Holger, ich habe noch eine Frage an Rinpoche. Und zwar, mich würde mal interessieren, er hat ja auch debattiert, saß er lieber auf dem Boden oder war er lieber derjenige, der dann quasi versucht hat, den Gegner zu schlagen durch die Argumente?

00:00:41: HOLGER: Er mag es zu debattieren, ja.

00:00:42: CHRISTIAN: Das heißt, egal ob er steht oder sitzt?

00:00:43: HOLGER: Er mag es lieber der Angreifer oder der Stehende zu sein, weil er da viele Sachen fragen kann, die er selbst nicht verstanden hat oder Fragen zu stellen, die er halt selbst einfach hat. Da kann er die andere Person fragen und hšrt dann die Antwort der anderen Person. Wohingegen, wenn man sitzt, eher passiv ist und sich nur seinen eigenen Standpunkt verteidigen muss. Aus diesem Grund ist er lieber in. der Rolle des Angreifers, um seine eigenen Fragen dem anderen an den Kopf zu werfen.

00:00:44: Christian: OK, das leuchtet mir ein. Ich glaube, das ginge mir ähnlich. Ja. Lieber Rinpoche, lieber Holger, vielen, vielen Dank, dass ihr euch heute die Zeit genommen habt, hier mit uns zu sprechen über dieses wichtige Thema, dieses Grundlagenthema.

00:00:45: Und ich hoffe, dass viele sich davon begeistern lassen und sich interessieren und anmelden für dieses Studienprogramm. Ich danke euch sehr, sehr herzlich, dass ihr da wart. Dankeschön!

00:00:46: CARSTEN: Auch von mir ein Dankeschön. Und vielleicht wenn ihr neugierig geworden seid, ihr könnt euch gerne unter info@tibethaus.com per E-Mail an das Sekretariat wenden oder ihr schaut auf unserer Homepage (www.tibethaus.com).

00:00:47: Vielen Dank!

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